Central and East European
Society for Phenomenology

Repository | Book | Chapter

220548

Zwei Quellen der Bürokratisierung in Hochschulen

Niklas Luhmann

pp. 212-215

Abstract

In den hochschulpolitischen Auseinandersetzungen der vergangenen Jahre hat sich der Widerstand der Hochschulen gegen gesetzliche "Reglementierung" im wesentlichen eines Vorwurfs bedient: Die Hochschulen würden durch Erfordernisse der Bürokratie zu stark gebunden. Dies Thema hatte beim Erlaß des nordrhein-westfälischen Gesetzes über die wissenschaftlichen Hochschulen die Diskussion beherrscht — und irregeführt. Es taucht auch bei Anlässen von geringerer Bedeutung mit erwarteter Regelmäßigkeit wieder auf. Ein gut fundiertes Argument, so scheint es; denn die immense Zunahme von Regulierungen und formal erforderlichen Entscheidungsprozessen ist eine unbestreitbare Tatsache. Jede Reform, wie anders könnte sie sich durchsetzen, fügt dem Bestande eine neue Schicht hinzu. So bildet sich um einen, wie man hofft, gesunden Kern Schicht um Schicht. Die Schichten hängen fest miteinander zusammen, denn jede weitere ist durch die Mängel der vorangehenden motiviert. Ob der Kern noch gesund ist, ob er überhaupt noch vorhanden ist, kann dann nach einer Weile niemand mehr feststellen. Die Struktur trägt sich selbst, und man kann überzeugend nachweisen, daß genug Mängel vorhanden sind, die das ständige Suchen nach Korrekturen, Verbesserungen, Abhilfen antreiben. Die Bürokratie beschäftigt sich in bürokratischen Formen mit sich selbst.

Publication details

Published in:

Luhmann Niklas (1987) Soziologische Aufklärung 4: Beiträge zur funktionalen Differenzierung der Gesellschaft. Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.

Pages: 212-215

DOI: 10.1007/978-3-663-01341-9_16

Full citation:

Luhmann Niklas (1987) Zwei Quellen der Bürokratisierung in Hochschulen, In: Soziologische Aufklärung 4, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, 212–215.