Central and East European
Society for Phenomenology

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215797

Reflexive Mechanismen

Niklas Luhmann

pp. 92-112

Abstract

Das Wort "Mechanismus' hat keinen guten Ruf. Es erinnert an die große Zeit der Uhrmacher. Gleichwohl beginnt es erneut, aus der Physiologie in die Persönlichkeitspsychologie (1)* und von dort in die Soziologie vorzudringen (2). Man kann es daher, in Ermangelung eines besseren Ausdrucks, heute verwenden, ohne damit eine Reduzierbarkeit psychischer oder sozialer Systeme auf komplizierte physikalische Abläufe zu implizieren. Durch seine Übertragung aus den Naturwissenschaften in die Psychologie und die Soziologie hat der Begriff seinen Uhrmachersinn abgestreift und die Abstraktheit einer allgemeinen systemtheoretischen Funktionsbezeichnung gewonnen. Unter Mechanismus soll demgemäß eine funktional spezifizierte Leistung verstanden werden, deren bei Bedarf wiederholte Erbringung in einem System erwartet werden kann, so daß andere Einrichtungen sich darauf einstellen können. Mechanismen lösen Systemprobleme. Die Varianten ihres Einsatzes sind durch die Art des Problems bedingt, das sie lösen. Man kann sie daher auch als Variablen, als Komp xe funktional äquivalenter Leistungen, bezeichnen, deren konkreter Zustand jeweils durch das Problem reguliert (nicht: bewirkt!) wird, das sie lösen. Die Systemrelevanz eines Mechanismus wird also durch Offenheit für Alternativen vermittelt und nicht durch die Starrheit bestimmter Zustände: Mechanismen können variiert und Probleme können anders gelöst werden.

Publication details

Published in:

Luhmann Niklas (1970) Soziologische Aufklärung 1: Aufsätze zur Theorie sozialer Systeme. Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.

Pages: 92-112

DOI: 10.1007/978-3-322-96984-2_5

Full citation:

Luhmann Niklas (1970) Reflexive Mechanismen, In: Soziologische Aufklärung 1, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, 92–112.